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Nicht nur die ÖVP fordert, dass die Regeln für den Erhalt oder das Behalten einer Gemeindewohnung geändert gehören. Insbesondere wird gefordert, dass jemand der mehr als 2.953 Euro netto im Monat verdient, aus dem Gemeindebau ausziehen soll, damit vermeintlich mehr Platz für sozial Schwächere gemacht wird. Diese Forderungen zeigen aber, dass die Proponenten keine Ahnung von der Natur und den Aufgaben des Sozialbaus haben oder einfach nur Politik für ihre tatsächliche Klientel machen.

Es ist klar, dass die Forderung nach einer "Bereinigung" des Gemeindebaus zunächst einmal die politischen Grenzen abstecken soll. Außerdem ist es ein Wahlkampfthema, dass wieder in der Lage ist – einigermaßen subtil – mit den Emotionen der Menschen zu spielen, ohne gleich direkt „Ausländer“ oder „Sozialschmarotzer“ drauf zu notieren. Auch sind der Sozialbau im Allgemeinen und der Gemeindebau im Besonderen als Domäne der Arbeiter_innen_bewegung immer wieder Angriffsziel deren politischer Gegner gewesen. Diese Tradition wird hier fortgesetzt. Das zeigt sich auch historisch sehr schön in der Bauweise älterer Gemeindebauten, die – wie z.B. der Karl-Marx-Hof – geradezu als Festungen erbaut wurden.

Es zeigt aber auch, dass es den gemeindebaukritischen Kreisen tatsächlich um etwas ganz anderes geht. Es geht nämlich im Wesentlichen um nichts anderes als um Klientelpolitik. Durch den erzwungenen Auszug der vermeintlichen „Reichen“ aus dem Gemeindebau, würden diese die Nachfrage auf dem restlichen Immobilienmarkt erhöhen und somit die Profite von Immobilienbesitzer_innen und Investor_innen rasch in die Höhe schnellen lassen. Folglich würde das Niveau der Immobilienpreise außerhalb des Gemeindebaus ansteigen. Auch eine Erhöhung der Mieten für Vielverdiener_innen im Gemeindebau würde diesen Effekt erzielen. Warum soll denn jemand, der es sich leisten kann, im Gemeindebau bleiben, wenn er sich um denselben Mietpreis seine Wunschwohnung auch auf dem freien Wohnungsmarkt anmieten kann? Aus diesem Grund würden die meisten „besser situierten Menschen“ selbstverständlich ausziehen. Somit wären auch auf diese Art die Ziele, die mit dem Gemeindebau verfolgt werden, gefährdet.

Der Gemeindebau erfüllt eben nicht nur die Funktion Menschen mit wenig Finanzkraft oder Sozialhilfeempfänger_innen ein leistbares Dach über dem Kopf zu bieten bzw. diese von der Straße fernzuhalten. Der Gemeindebau ist gerade deshalb so erfolgreich, weil er es geschafft hat die Heterogenität in der Gesellschaft auszugleichen und eine in Europa immer noch einzigartige gesellschaftliche Durchmischung zu erhalten. Damit beugt er auch der immer weiter um sich greifenden so genannten Gentrifizierung (also z.B. dem gänzlichen Austausch einer weniger finanzkräftigen Bevölkerungsgruppe durch eine mit mehr Finanzkraft und/oder Bildung) effektiv vor.

Der Gemeindebau hat es also geschafft, dass Menschen, die in ihrem sozialen Status und ihrer Finanzkraft aufsteigen konnten, mit Menschen, die dies noch nicht erreicht haben, unter einem Dach bzw. im selben Stadtteil leben. Er hat es geschafft, dass die soziale Durchmischung immer noch Realität und nicht nur frommer Wunsch ist. Er schafft somit die Basis für gegenseitiges Verständnis und beugt der oftmals gefürchteten städtischen „Ghettobildung“ vor. Zusätzlich erhöht er die Finanzkraft der Menschen und fördert somit auch indirekt den Konsum und nicht die Erhöhung der Vermögen von Immobilienbesitzer_innen. Insofern kann die Forderung, alle Vielverdiener aus dem Gemeindebau zu schaffen oder zur Kasse zu bitten, nur kleinkarierten konservativen Hirnen entspringen und stellt nichts anderes als Klientelpolitik dar. Diese Forderung schafft also im Ergebnis weit mehr soziale und wirtschaftliche Probleme als sie zu lösen vorgibt. Der Gemeindebau hat es nicht verdient als politischer Spielball zu dienen, dafür besitzt er einen zu hohen gesellschaftlichen Wert.

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